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Autor: Daniel Jung, blick
Ein Haus verkauft man oft nur einmal im Leben. Und weil es um hohe Summen geht, kann ein Fehler richtig teuer werden. So hätte auch Philipp E.* (78) beinahe mehrere Hunderttausend Franken verloren, weil er von einem dreisten Makler fast übers Ohr gehauen wurde.
Doch von Anfang an: Der Rentner wollte im Ortskern von Escholzmatt LU ein Mehrfamilienhaus mit vier Wohnungen verkaufen. Das Haus mit Jahrgang 1943 steht auf einem Grundstück von rund 550 Quadratmetern. Philipp E. hatte zuvor noch nie eine Immobilie verkauft.
Um das Ausbaupotenzial zu erkunden, beauftragt E. im Jahr 2019 einen Architekten aus dem Entlebuch mit einer Machbarkeitsstudie, die 17'000 Franken kostet. Er entscheidet sich jedoch, das Haus im bestehenden Zustand zu veräussern. Der Architekt erwähnt dafür einen ortskundigen Immobilienmakler.
Sehr tiefer Mindestpreis
Bei Besprechungen mit dem Makler ist die Rede von einem Verkaufspreis von rund 700'000 Franken. Mittels Bieterverfahren könne noch mehr erreicht werden, erklärt der Makler.
Im April 2020 unterzeichnet E. mit dem Makler einen Vertrag. Darin wird ein Mindestpreis von 350'000 Franken festgehalten. «Darüber sind wir zuerst erschrocken», sagt E. Der tiefe Ankerpreis diene dazu, so der Makler, möglichst viele Interessenten zu finden, was den Preis in die Höhe treibe.
Im August 2020 macht die Dienststelle Steuern des Kantons Luzern eine Schätzung des Hauses und kommt auf 610'000 Franken.
Längere Zeit bleibt der Makler passiv. Nach über einem Jahr macht er mündlich ein Angebot von 400'000 Franken – er will das Haus selbst kaufen. Der Preis liegt jedoch deutlich unter dem Schätzwert der Immobilie. Deshalb lehnt E. ab.
Im September 2021 kündigt E. fristgerecht den Vertrag mit dem Makler. Erst danach trifft ein schriftliches Kaufangebot über 440'000 Franken ein. Was der Makler dabei nicht sagt: Dahinter steht eine Tochterfirma des Architekturbüros, das den Makler ins Spiel gebracht hat. «Ist das nicht Filz?», fragt E. Der Makler drängt ihn zur Annahme des Kaufangebotes.
Bis zur Betreibung
Der Vertrag läuft schliesslich Ende Oktober 2021 aus. Erst danach trifft bei E. die Verkaufsdokumentation ein, auf die er lange gewartet hat. Der Rentner erhält das Dossier während anderthalb Jahren nie zur Ansicht, sondern erst nach Vertragsende. Es enthält gravierende Fehler.
Für E. bleibt letztlich unklar, ob die Immobilie vom Makler überhaupt am Markt angeboten wurde. Auf den gängigen Online-Plattformen erscheint das Haus in dieser Zeit jedenfalls nicht. Aufgrund der Corona-Krise, so der Makler, sei es zwischen April 2020 und Herbst 2021 nicht möglich gewesen, Besichtigungen durchzuführen – was so generell aber nicht stimmt.
Der Makler drückt weiter auf die Annahme des Angebotes von 440’000 Franken. Andernfalls werde ein Honorar von rund 18’000 Franken fällig. Dann leitet er eine Betreibung gegen E. ein. Letztlich muss dieser 1800 Franken für das Verkaufsdossier bezahlen, nicht jedoch die 18’000 Franken Honorar.
Der Makler wollte auf Anfrage von Blick zum Fall keine Stellung nehmen.
Auf eigene Faust
Da der engagierte Makler kein zufriedenstellendes Angebot geliefert hat, will E. das Objekt selber verkaufen. Dafür schaltet er online ein Inserat.
Sogleich wird der Rentner von über 20 Maklern aus der ganzen Schweiz kontaktiert. Er lädt drei Makler zur Besichtigung ein, entscheidet sich am Schluss aber für einen privaten Verkauf an zwei Handwerker aus Escholzmatt, die das Haus selber sanft umbauen und heute mit ihren Familien bewohnen. Für E. ist das ein Happy End: «Genau solche Typen habe ich gesucht: Junge Leute, die hier eine Zukunft haben.» Der Verkauf erfolgt für 750’000 Franken.
Rechtlich beraten wurde E. in der entscheidenden Phase von Gabriel Diezi (33) vom Makler-Vergleichsdienst Bestag. Diezi unterstützte ihn unter anderen dabei, den Konflikt mit dem Makler zu beenden. «Er half uns gegenüber Leuten, die uns eigentlich übers Ohr hauen wollten», sagt E.
Viele Makler hätten Klauseln in ihrem Vertrag, wonach die Provision auch bei Nichtverkauf zu bezahlen sei, erklärt Diezi. Das Bundesgericht habe jedoch entschieden, dass Maklerhonorare in der Schweiz nur im Erfolgsfall fällig werden. «Das Einzige, was ein Makler verrechnen kann, ist der tatsächliche Aufwand», sagt Diezi. Wenn sich ein Makler viel Mühe gebe und gute Angebote einhole, der Verkäufer jedoch zurückziehe, sei es fair, dass er dafür entschädigt werde.
«Beim Fall von Herrn E. war das aber ganz anders», sagt Diezi. Hier wurde die Hälfte des besprochenen Preises im Vertrag verankert, und die einzigen, tiefen Angebote stammten vom beteiligten Makler und dem Architekten. «Das ist sehr verdächtig», sagt Diezi. Der Fall sei jedoch leider kein Einzelfall.